Beendete eine Naturkatastrophe die Blütezeit auf der Osterinsel?

 

Ausbruch des Vulkans Kuwae um 1450

Naturereignisse haben in der Vergangenheit das Antlitz der Erdoberfläche wesentlich gestaltet. Seit es Menschen gibt, wird von Naturkatastrophen gesprochen. Zweifellos sind sie für wesentliche Einschnitte in der Entwicklung der menschlichen Zivilisation und einzelner Kulturen verantwortlich. Der Nachweis ist oft kompliziert, am ehesten sprechen die Übereinstimmung von den Daten der Katastrophe mit Abbrüchen in einer Kultur für einen solchen Zusammenhang. Der Niedergang der Osterinselkultur könnte in der Mitte des 15. Jahrhunderts mit einem solchen Naturereignis begonnen haben. Es ist der Ausbruch des unterseeischen Vulkans Kuwae, er liegt rund 8500 Kilometer von der Osterinsel entfernt in der Nähe von Vanuatu.

Die Übersichtkarte mit der Lage des Vulkans Kuwae (Mitte) und links Australien

Quelle: Google Earth 2 Bilder

Die aus über 80 Inseln bestehende Gruppe wurde bis 1980 Neue Hebriden genannt und zählt zu Melanesien. Vanuatu ist heute einen eigenständige parlamentarische Republik. Einer der aktivsten Vulkan ist Kuwae. Er liegt zwischen Épi und Tongoa. Er brach um das Jahr 1453 mit verheerenden Folgen aus. Vor dem Ausbruch waren Épi und Tongoa Teile einer größeren Insel, namens Kuwae. Die lokale Überlieferung berichtet von einer Eruption, die die Insel zerstörte und die beiden jetzigen Inseln sowie eine ovale, 12×6 Kilometer große Caldera zurück ließ. Die Kuwae-Eruption war eine der weltweit größten in den letzten 10.000 Jahren. Es wurden zwischen 30 und 40 Kubikkilometer Magma ausgestoßen. Noch in der Antarktis und in Grönland lässt sich die Eruption anhand von Eisbohrkernen nachweisen, und die dort gemessene Sulfat-Konzentration weist darauf hin, dass der Ausstoß an Partikeln größer war als bei jeder Eruption seither. Die Eisbohrkernanalyse erlaubt es, das Ereignis auf 1452 oder 1453 zu datieren. Das Volumen der ausgestoßenen Materie war etwa dreimal so groß wie das beim Ausbruch des Pinatubo im Jahr 1991. Die Katastrophe hatte ungeahnte Auswirkungen auf das Weltklima. Sie muss zu einer Abkühlung des Klimas auf der Erde in den folgenden Jahren geführt haben und hatte einen sogenannten vulkanischen Winter zur Folge.

 

Der Vulkan liegt heute unter der Meeresoberfläche

Pang fand Hinweise auf die Nachwirkungen der Vulkaneruption in Chroniken der Stadt. Die Gärten der Stadt haben in diesem Frühjahr wenig Ertrag gebracht. Am 25. Mai tobte ein Sturm über die Stadt: „Es war nicht möglich, dem Hagel zu widerstehen, und der Regen ergoss sich in solchen Strömen, dass ganze Straßen überflutet wurden“. In der Nacht des 22. Mai verfinsterte sich in Konstantinopel der Mond. Vier Tage später war die gesamte Stadt in einen dichten Nebel gehüllt. Als sich der Nebel am Abend lichtete, „erschien die Hagia Sophia in Flammen eingetaucht, und von der Stadtmauer aus konnten Lichter gesehen werden, die in der Ferne hinter dem türkischen Lager flackerten“. Die Einwohner der Stadt meinten, das sonderbare Licht wäre eine Spiegelung eines von den Angreifern gelegten Feuers. Es handelte sich jedoch um eine optische Täuschung, eine Reflexion des extrem roten Zwielichts von Wolken aus vulkanischer Asche hoch oben in der Atmosphäre. Viele solcher „falschen Feueralarme“ wurden auch weltweit nach dem Ausbruch des Krakatoa 1883 gemeldet.

Auch die besondere Erscheinung des Halleyschen Kometen im Juni 1456 als „rot mit einem golden Schweif“, wie von zeitgenössischen Astronomen berichtet, war offensichtlich eine Folge der Eruption. In der Kuwae-Caldera haben sich regelmäßig Inseln gebildet. Die Eruption von 1897 bis 1901 formte eine Insel, die einen Kilometer lang und 15 Meter hoch war. Sie verschwand nach sechs Monaten. Die Eruption von 1948 bis 1949 bildete ebenfalls eine Insel, die wieder verschwand. Dieses Verschwinden hat ihre Ursache in den Wellen und in der Grundströmung der Caldera. In den Jahren 1959 und 1971 tauchte die Insel für kurze Zeit wieder auf. Die gegenwärtige Aktivität in Kuwae ist beschränkt auf die Ausstoßung von Fumarolen, die das Wasser gelb einfärben. Über dem Vulkangipfel erreichen Blasen von Schwefelwasserstoff die Oberfläche. Es ist zu vermuten, dass sich die weltweite Beeinträchtigung des Klimas auch auf die ferne Osterinsel ausgewirkt hat und dort möglicherweise zu einer wesentlichen Veränderung der Entwicklung der Kultur beigetragen hat.

Eine Untersuchung von Dr. Kevin Pang vom Jet Propulsion Laboratory fand Indizien in Baumringen, Eiskernen und historischen Berichten in Zivilisationen in Europa und in China. Eichenpanele von britischen Portraitbildern weisen auf extrem schmale Ringe für die Jahre 1453 bis 1455 hin. In Schweden blieb die Ernte aus und der Getreidezehnt fiel auf Null. Kiefern des nordamerikanischen Westen zeigen Frostschäden im Jahr 1453, und das Wachstum der europäischen und chinesischen Bäume zwischen 1453 und 1457 war nachweisbar gehemmt. Aus der Geschichte der Ming-Dynastie in China ist zu entnehmen, dass ein unaufhörlicher Schneefall den Weizen im Frühjahr 1453 zerstörte. Im selben Jahr, als der Staub die Sonne verdunkelte, fielen mehrere Ellen Schnee in sechs Provinzen, zehntausende Menschen erfroren. Für das Jahr 1454 wird berichtet: „Es schneite für 40 Tage südlich vom Jangtsekiang, und unzählige starben an Kälte und Hunger und das Gelbe Meer war zugefroren bis auf 20 Kilometer vor der Küste.“ Die Eruption ereignete sich kurz vor der Eroberung von Konstantinopel, der letzten Bastion des Byzantinischen Reiches. Die ottomanischen Türken unter Sultan Mehmed II. belagerten die Stadt seit dem 5. April 1453 und eroberten sie am 29. Mai.  

 

Dabei wäre die Osterinselkultur nicht die erste, die durch Naturgewalten fast oder völlig zerstört worden ist. Das bekannteste Beispiel ist der Untergang des Minoischen Reiches auf Kreta durch den Ausbruch des 100 Kilometer nördlich gelegenen Mittelmeervulkans Santorin vermutlich in den Jahren um 1500 vor Christus.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kuwae