Rapamycin - Medikament gegen Krebs

 

Das wirksames Medikament gegen Krebs stammt ursprünglich von der Osterinsel

Ein Gedenkstein am Kraterrand des Rano Kao erinnert an die Entdeckung des Medikaments

 
Rapamycin wurde 1975 von Claude Vezina, S.N. Sehgal und Mitarbeitern in einer Bodenprobe von der Osterinsel, die vom Rano Kao stammte, entdeckt. Es handelt sich um ein Stoffwechselprodukt des Mikroorganismus Streptomyces hydroscopius und wurde in den Ayerst Research Laboratories Montréal (Kanada) untersucht. Das ursprüngliche Interesse galt der antimykotischen Wirkung von Rapamycin. Das Medikament hat jedoch für diese Indikation mit einer starken Immunsuppression (künstliche Unterdrückung von Immunreaktionen) der Patienten eine nicht akzeptable Nebenwirkung war. Aufgrund dieser Tatsache wurde  die weitere Erforschung der Substanz ironischerweise zunächst eingestellt.  Seit den späten 80er Jahren hat man jedoch gerade diese Eigenschaft genauer untersucht und folglich wurde Rapamycin (Rapamune) seit 1999 in den USA und 2001 in Deutschland für die Therapie nach Nieren- und Lebertransplantation zugelassen. Inzwischen wird auch intensiv die Wirkung in der Krebstherapie mit guten Prognosen genutzt.
Rapamycin, das „Multitalent von der Osterinsel“, kommt als Wirkstoff in vielen Bereichen zum Einsatz. Das neuartiges Medikament wird zur Verhinderung der Organabstoßung bei Patienten nach Nierentransplantation eingesetzt wird. Es unterdrückt Immunantworten, wirkt stark zellabtötend und ist damit auch für andere Einsatzgebiete wie Krebs, Autoimmunerkrankungen und Diabetes mellitus eine hochinteressante Substanz.
Aufgrund zahlreicher Eigenschaften widmen Pharmaunternehmen der Substanz  große Aufmerksamkeit. Rapamycin hemmt T-Lymphozyten und dendritische Zellen und kann daher Immunantworten bereits in der Anfangsphase unterdrücken. Darüber hinaus bremst es das Zellwachstum und tötet Zellen ab, was weitere Anwendungen in der Krebstherapie eröffnet.
Den wachstumshemmenden Effekt von Rapamycin macht man sich heute in der Beschichtung von Stents zunutze, die zum Offenhalten verengter Herzkranzgefäße eingesetzt werden. Rapamycin (unter dem Parallelnamen Sirolimus) führt dazu, dass die kleinen Gitterröhrchen nicht durch erneutes Zellwachstum wieder verschlossen werden.
 

Rapamycin als Jungtrunk

Mäuse, die Rapamycin schlucken, leben nach einer Studie der Altersforscherin Lynne Cox von der Universität Oxford zehn Prozent länger. Das wurde am 6.1.15 über science ORF.at veröffentlicht. Der Wirkstoff dämpft das Immunsystem und wurde bislang nur bei Transplantationen zur Verhinderung der Abstoßung eingesetzt. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch David Harrison vom Jackson Laboratory in Bar Harbor. Die Wirkweise des Mittels ist bisher unbekannt. Die Forscher vermuten aber, dass der sogenannte "mTOR"-Signalweg eine entscheidende Rolle spielt. Dieser ist stark mit der Regulierung der Nahrungsaufnahme verknüpft. Bereits seit langem ist bekannt, dass weniger Kalorien die Lebenserwartung bei Mäusen steigern. Rapamycin scheint am gleichen biochemischen Mechanismus anzugreifen. Die Versuchstiere, die Rapamycin erhalten hatten, waren aber nicht leichter als die Kontrolltiere. Die Ergebnisse könnten neue Angriffspunkte gegen altersbedingte Krankheiten aufzeigen, glauben die Forscher.

"Das ist eine ganz aufregende Studie", schreibt die Altersforscherin Lynne Cox von der Universität Oxford in einem "Nature"-Kommentar. "Man sollte jetzt aber nicht versuchen, Rapamycin einzunehmen, um sein Leben zu verlängern. Dagegen spricht die Gefahr durch die Dämpfung des Immunsystems. Die Mäuse waren im Labor schließlich gut vor Infektionen geschützt."

 

Wie Rapamycin seine starke immunsuppressive und zellabtötende Wirkung im Einzelnen entfaltet, war bisher unklar. Man wusste lediglich, dass die Substanz die Herstellung von Eiweißen in Zellen hemmt. Die Arbeitsgruppe um Professor Ingrid Grummt im Deutschen Krebsforschungszentrum hat nun entdeckt, warum das so ist: Rapamycin blockiert die Produktion von Ribosomen. Diese molekularen Maschinen benötigt die Zelle, um damit ihre Eiweiße zu fabrizieren. Über einen Zwischenschritt hemmt Rapamycin ein Protein, das die Bereitstellung eines wichtigen Bauteils für die Ribosomen regelt. Ist das Protein lahm gelegt, fehlt es an Nachschub für die Herstellung der Ribosomen. Damit kommt auch die Synthese der Eiweiße zum Erliegen. Da schnell wachsende Gewebe wie Tumore einen besonders hohen Bedarf an Ribosomen haben, werden sie durch Rapamycin auch besonders getroffen.
Besonders viel versprechend erscheint Rapamycin auch aus einem weiteren Grund. Es ist die einzige bekannte Wirksubstanz, deren direktes Angriffsziel ein einzelnes Enzym ist. Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen, die neben dem gewünschten Effekt auch Nebenwirkungen verursachen, könnte sich Rapamycin deshalb als Präzisionswaffe gegen schnell wachsende Zellen erweisen.

Auf die Osterinsel müssen die Forscher schon lange nicht mehr. Die Bodenbakterien, die das verheißungsvolle Zellgift produzieren, lassen sich problemlos im Labor halten.

(Christine Mayer, Jian Zhao, Xuejun Yuan, and Ingrid Grummt: mTOR-dependent activation of the transcription factor TIF-IA links rRNA synthesis to nutrient availablitiy. Genes & Development, 15. Feb. 2004, Bd. 18 (4): 423-34)