Bearbeitung und Transport der Statuen

 

Wie könnten die Bildhauer gearbeitet haben?

Schaut man sich die Statuen am Rano Raraku an, stellt man zunächst fest, dass sie in den unterschiedlichste Fertigungsstadien zu finden sind. Offenbar trat der Schluss der Bildhauertätigkeit plötzlich ein, ohne dass bereits angefangene Figuren beendet wurden. Das hat für uns heute den Vorteil, dass sich die Arbeitsweise nicht  nur vermuten, sondern anhand der verschiedenen Statuen sogar belegen lässt. Außerdem wurden bis vor kurzem noch Tausende von Steinbeilen gefunden, die einst den Bildhauern als Werkzeug dienten.

Zunächst mussten Gesteinsmassive herausgesucht werden, die eine durchgängig feste und geeignete Struktur besitzen. Aus der Ausdehnung dieser resultierten die unterschiedlichen Größen der Statuen. Die Zeichnung des südöstlichen Kraterrandes von Katherine Routledge (1915) zeigt dies (im Bild rechts) besonders deutlich.

 
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Danach galt es, einen Arbeitsgang um den Rohling herauszuhauen, in dem die Bewegung mit dem Steinbeil noch möglich war.  
Zur besseren Bearbeitung ließen die Bildhauer unter dem Rohling einen, noch fest mit dem Felsen verbunden Kiel stehen. So konnten sie die Statue auf allen Seiten, bis auf den zukünftigen Rücken fertig bearbeitet werden.

 

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Jetzt galt es, in den  Kiel Löcher zu hauen, die es ermöglichten Baumstämme so hindurch zu stecken, dass sie auf dem Bergmassiv auflagen. Nachdem dies ausreichend oft geschehen ist, konnte der restliche Kiel abgehackt werden und die Statue lag auf den Holzrollen, musste jetzt allerdings vor dem Abrutschen gesichert werden.
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Die deutsche Osterinselexpedition 1882 unter Wilhelm Geiseler entdeckte oben auf dem Kraterrand eingehauene Löcher (Bild oben), in denen Holzstämme als Rutschbremse verkeilt wurden. Hiermit konnten, so wird vermutet, die Seile,  an denen unten die Statuen hingen, langsam nachgelassen werden und die Statuen rutschten Zentimeterweise, bewegt von der Schwerkraft und unter Nachhilfe von  Hebeln ins Tal.

 

Eine Statue im Kraterinneren befindet sich in dieser Schräglage, allerdings noch mit intaktem Kiel.

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Am Kraterfuß hatte man Gruben ausgeschaufelt, die die herabrutschenden Statuen aufnehmen konnten, wodurch sie dann fast senkrecht aufgestellt waren.
 
An dieser Stelle wurden die Reste des Kieles auf dem Rücken beseitigt, eventuelle Ornamente eingemeißelt und die Rückseite poliert.
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Wenn die Statue rundum fertig war, wurde sie durch einfache Erdarbeiten nach vorn auf ein vorbereites hölzernes Transportgestell gekippt, die Nase nach unten. Diese Lage war deshalb erforderlich, weil die Aufstellung auf den Ahus nur von der Landseite aus möglich war und ein Drehen der Figur um die eigene Achse offenbar zu kompliziert war. Wenn die Statuen ins Inselinnere schauen sollten, musste beim Antransport die Nase unten sein.Heute stehen rund 70 Kolosse am Fuße des Kraters und blicken bereits in die geplante Transportrichtung, die auf den Rano Kao zeigt. In dieser Richtung erkennt man noch unschwer Teile der alten Transportstraße. Rechts und links davon liegen einige zerbrochene Statuen,  die sicher aus diesem Grund zurückgelassen wurden. Angedeutete Ohrpflöcke in den offenen Ohrlappen und überlange Finger unter dem Bauchnabel angelegt, verleihen den Moai einen unverwechselbaren, aristokratischen Ausdruck. Die Augenhöhlen wurden den Statuen  erst am geplanten Aufstellungsort ausgemeißelt und die Augen danach eingesetzt. Nur dadurch erhielt der Moais sein Mana, seine überirdische Macht.
Fotos: Peter Hertel, Tim Gernitz, Josef Schmid, Repro K. Routledge
 

Für den Transport und das Aufstellen der Statuen gibt es zahlreiche Theorien. Sicher ist, dass eine Bewegung ohne ein Transportgestell, welches den Abrieb der Statue verhindert, keine Chance hätte.

Das Aufstellen der Statuen über eine Rampe, wie es die beiden unteren Bilder zeigen, ist so realisierbar. Das hat Thor Heyerdahl mit der Aufstellung der Statue in der Anakenabucht bewiesen. Ob zum Anheben der Statue eine Rampe, wie in den Skizzen, oder eine Unterfütterung mit Steinen verwendet wird, scheint dabei unerheblich.

Skizzen nach: Jean-Pierre Adam