Neujahr 2007/2008 in Venedig |
Ich beginne mit dem Ereignis, das dazu geführt hat, dass ich überhaupt auf die Osterinsel kam, es liegt genau 20 Jahre früher, nämlich im Sommer 1953. Da war ich mit einer englischen Freundin auf einer Radtour durch Deutschland. Als wir in Garmisch-Partenkirchen in der Jugendherberge aufkreuzten, wollte man uns abweisen, weil ein Bus mit Schülerinnen einer höheren Schule auf der Rückreise von Italien eingetroffen war. Wir protestierten und das tat auch eine französische Lehrerin, die per Zug und Anhalter unterwegs war. Wir kamen zwar nur in einer Scheune unter, aber aus dieser Begegnung wurde eine lebenslange Freundschaft. Christine fragte jedes Jahr, ob ich mich an ihrer jeweiligen Reise beteiligen wolle und ich musste immer verneinen, zunächst aus finanziellen Gründen, später, nach Geburt meines Sohnes, auch aus Zeitgründen. Als Christine mich 1973 erneut fragte, wir wohnten seit 1969 in Fontainebleau, wollte ich zunächst auch nein sagen, denn was sollte ich auf der Osterinsel und in der Atacamawüste, wenn ich noch nicht einmal in Rom war? Es war mein Sohn, der mir zuredete, mitzufliegen, er verbrachte jenen Sommer in einer Sprachenschule in England, so dass er keine Ferien mit mir versäumte. Er sagte: Auf die Osterinsel wirst Du sonst nie in Deinem Leben kommen. |
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Wir flogen zu Fünft,vier französische Lehrerinnen und ich, von Luxemburg nach Miami und die Bahamas und von dort nach Lima, wo Christine im Vorjahr das Goldmuseum wegen Renovierung nicht besichtigen konnte. Ich hatte geplant, auf der Rückreise Cuzco und Machu Picchu zu besichtigen, was dann wegen des längeren Aufenthalts auf der Osterinsel nicht möglich war, während die Vier nach Ecuador weiterfliegen wollten. In Santiago verbrachten wir eine Nacht im El Conquistador auf Kosten der Lan Chile, da wir erst am nächsten Tag zur Osterinsel fliegen konnten.
Am Flughafen der Osterinsel empfing uns Rosita, die den chilenischen Lehrer Jorge mitgebracht hatte, der Englisch verstand. Wir wurden natürlich mit Blumengirlanden empfangen, wie das in Polynesien üblich ist. Dass wir bei Rosita in ihrem Tourist Guest House „Rapa Nui“ wohnten, ergab sich aus den Kontakten, die Lehrer anscheinend damals häufig mit Kollegen im Ausland aufnahmen. In diesem Fall mit dem „director“ Jacobo Hey, der uns die Unterkunft bei seiner Kusine besorgte. |
Liselotte Bühler 1973 vor der Rückseite von Rositas Pension |
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Abschied im Morgengrauen, neben Nico der chilenische Lehrer Jorge |
Gleich in den ersten Stunden erfuhren wir, dass das Flugzeug, das uns auf dem Rückflug von Tahiti wieder aufnehmen sollte, nicht landen kann, da die Piste repariert werden musste. Es kursierten die wildesten Gerüchte, einige sprachen von Wochen und Monaten.
Wir suchten noch am Abend den „gobernador“ auf, der aber nicht anwesend war. Wir waren natürlich geschockt. Außer uns war nur ein Ehepaar aus Chile davon betroffen, die im einzigen Hotel wohnten.
Am nächsten Morgen begaben wir uns zum Büro der Lan Chile, wir wollten vor allem, dass sie sich um unsere gebuchten Flüge auf dem Festland kümmerten und uns eine Bescheinigung über den unfreiwillig längeren Aufenthalt in Chile ausstellten, denn damals musste man pro Tag, ich glaube, 10 Dollar umtauschen, die wir natürlich nie benötigten und dieser Zwangsumtausch hätte auch unser Budget belastet. Dann kam auch der Gouverneur zu Rosita, der uns versprach zu helfen. Fermina, die chilenische Lehrerin, die sehr an unseren Dollar interessiert war, brachte uns Orangen, was eine Rarität auf der Insel war. |
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Leider habe ich überhaupt keine Erinnerung mehr an das, was wir zu Essen bekamen. Ich weiß nur, dass es einmal Langusten gab, was wohl damals schon nicht selbstverständlich war wegen des Preises für uns. Dass wir es genossen, zeigen noch heute die Fotos, die bei unserem Mahl gemacht wurden.
Am folgenden Tag begannen wir endlich mit der Besichtigung der Insel. Rosita begleitete uns zu den sieben Moais, ihr Bruder fuhr uns mit seinem Wagen. Wir besichtigten auch Höhlen und man zeigte uns Anpflanzungen von Bananenstauden und Taro in Vertiefungen, um sie vor dem Wind zu schützen. In meinen spärlichen, und bald abgebrochenen Aufzeichnungen steht: Picknick in der Nähe einer Grotte mit Petroglyphen (Fisch). Auf dem Rückweg wurden wir vom Regen überrascht. Geregnet hat es öfter, das ist wohl so um diese Jahreszeit. Am nächsten Tag ging es dann zum Ahu Vinapu. Immer noch Aufzeichnung: Maria schenkt mir eine Kette (kleine Muscheln und Fruchtkerne), zum Kaffee bei Fermina eingeladen, wir begeben uns zur Lan Chile bei heftigem Wind, mussten dort lange warten, es war immer noch nicht klar, wann die nächste Maschine landen würde.
Am ersten Sonntagmorgen weckte uns Rosita, damit wir zur „misa“ gehen können. Es regnete und war kalt, so dass wir vorzogen, es uns zu Hause gemütlich zu machen. Hier enden meine Notizen.
Rosita und Nico begleiteten uns mehrere Male auf unseren Wanderungen. |
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Nico und Jeannette am Rano Raraku |
Auch der Gouverneur begleitete uns, als wir einen der Krater besichtigen wollten. Am 14.Juli lud er uns zum Mittagessen ins Hotel ein und spendierte chilenischen Sekt. Er sprach ein ausgezeichnetes Französisch, das war damals in der chilenischen Oberschicht verbreiterter als Englisch. Auf der Rückkehr vom Krater ließ er mich ans Steuer seines Landrovers, auf dem Foto sieht er eher wie ein Kleinlaster aus, denn er wollte uns den Wagen für die Erkundung der Insel zur Verfügung stellen. Er stellte mir sogar einen Führerschein hierfür aus, den ich leider nicht mehr finden konnte. Ich glaube nicht, dass wir den je benötigt hätten, an einen Polizisten kann ich mich nicht erinnern.
Wir machten nur einmal davon Gebrauch, als wir noch einmal zu der idyllischen Bucht Anakena zum Baden fahren wollten. Mit Rosita und mehreren Freunden und Angehörigen waren wir einmal dort zum Baden und Picknicken.
Jacobo, der Direktor der Schule, veranstaltete auch für uns eine Gesangs- und Tanzveranstaltung der Schulkinder. Ich habe davon noch eine Kassette, da sie schon einmal bespielt war, ist die Qualität nicht gut, wir haben auch Rosita, Jorge und Jacobo aufgenommen, die uns zum Abschied einige Worte in Pascuan und Spanisch sprachen und sangen. |
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Sie veranstalteten auch zu unserem Abschied ein kleines Fest, wobei das Fleisch und die Fische in einer Grube gebraten wurden.
Jetzt bin ich schon beim Abschied, dabei fallen mir natürlich noch einige Erlebnisse ein, der Besuch des Kraters Rano Raraku, die Felszeichnungen dort, der Blick auf die kleine Insel Motu-Nui. Besonders beeindruckt waren wir, als wir an der Südküste Rast machten, ich glaube in der Nähe der „Pipa de Motua Hatua“, wo das Meerwasser durch eine Felsöffnung hervorschießt. Es war uns bewusst, welche Weite vor uns lag und vor allem war das Meer hier am beeindruckendsten.
Wenn ich jetzt zurückdenke, wird mir erst klar, dass uns das gar nicht so recht bewusst war, dass wir die einzigen Touristen auf der Insel waren und wer war schon damals 16 Tage auf der Osterinsel? Denn statt 4 Tagen, blieben wir 16 Tage und das war ein Glücksfall. |
Rosita, Christine, Madeleine und Tostias Vetter |
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Picknick mit Rosita und Verwandten |
Leider wurde die Erinnerung getrübt, als wir nach unserer Rückkehr vom Sturz Allendes erfuhren und lange Zeit nichts erfahren konnten. Ein Jahr später reiste Christine wieder nach Südamerika und erfuhr von einem Steward, dass der Gouverneur in Handschellen nach Santiago abtransportiert worden war, er war ein Freund Allendes. Das stimmte uns alle sehr traurig. Als mir am Flughafen die Tränen kamen, tröstete mich Jeannette, mit mir die einzige noch Lebende. “Wir fliegen nächstes Jahr nach Tahiti und dann machen wir einen Zwischenstopp auf der Osterinsel.“
Ich denke mir, dass wir alles gesehen haben, was damals bekannt war, die Steinhäuser, die Steinfundamente in Form eines Bootes, die piedra cornetta. Ich las auch in meinen Notizen von zerstörten Ahus, ob das die von einem Tsunami zerstörten waren, die 1993 wieder aufgerichtet wurden?
Durch den langen Aufenthalt auf der Osterinsel bekamen wir Probleme auf dem Festland. Inzwischen waren Sommerferien und die Lehrer reisen auch in Chile viel und gern. |
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In Antofagosta bekamen wir keinen Bus nach Chuquicamata, wo wir die Kupferminen besuchen wollten. Damals gab es schon Unruhen und zuerst wollte man uns die Besichtigung verweigern, die wir beantragt hatten. Dann hatten wir Schwierigkeiten nach San Pedro zu kommen, wo wir den belgischen Pater LePaige besuchten und sein kurioses Museum, er hatte zahllose Indio-Mumien dort ausgestellt.
Beim Durchblättern eines der Bücher über die Osterinsel, die meisten in Französisch, sah ich eine Abbildung einer Pfeilspitze, sie sieht genauso aus, wie die, die ich an einem Krater aufgelesen habe. Nico sagte uns damals zwar, dass es Speerspitzen seien, die man wegen fehlerhafter Bearbeitung weggeworfen habe, ich war mir nie sicher, ob die nicht von Natur aus diese Form haben. Es handelt sich um Obsidian. Von Jacoco habe ich noch eine Art Aschenbecher aus grauem Tuffstein in Gesichtsform und jemand schenkte mir auch ein Kreuz aus diesem Gestein. Außerdem besitze ich noch ein Stückchen von dem roten Tuffstein. In Hawaii ist es streng verboten, Steine aufzulesen und mitzunehmen. |
Fermina, chilenische Lehrerin, Lieselotte Bühler, Maria, Nico und Rosita |
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Maria - Rositas Nichte |
Rosita, Liselotte Bühler, Madeleine, Jeannette und Christine |