Gastfreundliche Einwohner, riesige Vulkankrater, eine tobende Brandung an den Küsten und wilde Pferde auf einer grünen Insel mit subtropischer Fauna. Das allein wäre schon ein ausreichender Grund zu einer Reise auf die Osterinsel. Hinzu kommt ihre Einsamkeit. Die Osterinsel ist das Eiland auf der Erde, das am weitesten von allen anderen bewohnten Gebieten entfernt liegt. Ihre Weltberühmtheit aber verdankt sie den steinernen Riesen. Die über 1000 bis zu 20 Meter hohen, aus dem Lavatuff oder Basalt der Insel herausgemeißelten menschenähnlichen Statuen sind einmalig. Mit ihrem rätselhaften, vielleicht sogar hochmütigem Gesichtsausdruck beeindrucken sie jeden Besucher. Diese Statuen haben Generationen von Reisenden immer wieder Stoff zu neuen Rätseln gegeben.
Am Ostersonntag des Jahres 1722 landeten hier als erste Europäer der Neuzeit die Holländer, daher der Name. Seit 1888 gehört die Insel zu Chile. Worüber heute die Ureinwohner, die Rapa Nui, nicht besonders glücklich sind. Sie glauben, dass die Insel als selbstständiger Staat und bei dieser Einmaligkeit von der ganzen Welt unterstützt würde.
Die Osterinsel ist aus drei Vulkanen vor rund drei Millionen Jahren entstanden. Die Lava der Vulkane ergoss sich ineinander, wodurch die 170 Quadratkilometer große Insel in Form eines Dreiecks entstand.
„Die Rätsel der Osterinsel sind ihre Besucher“ Fremdenführer Josef W. Schmid
In Hanga Roa, dem einzigen Dorf der Insel, leben etwa 4000 Menschen. Fast alle sind römisch-katholisch und besuchen mit Begeisterung die einzige Kirche der Insel. Die Orgel wird durch einen Akkordeonspieler, einen Trommler und viele kräftige Stimmen ersetzt. Die Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 20. Die Insulaner leben in großen Familienclans. Hier ist einer für den anderen da. Privatbesitz ist so gut wie unbekannt. Vorratswirtschaft lohnt nicht, denn die Nachbarn oder Freunde brauchen garantiert etwas. Die Kinder sind überall zu Hause, keiner macht sich Sorgen, wenn sie mal abends nicht kommen.
Geld wird nur ab und zu benötigt. Steuern müssen keine gezahlt werden, das Telefon ist für Inselgespräche frei, Kranken- und Rentenversicherung gibt es nicht und die Behandlung im bescheidenen Krankenhaus ist kostenlos. Die Medikamente müssen genauso bezahlt werden, wie Wasser und Strom. Das Grundnahrungsmittel ist quasi gratis, vor den einfachen Häusern wachsen wilde Bananenbüsche mit wohlschmeckenden kleinen Früchten.
Die etwa 1000 Rinder sollen sich erst weiter vermehren und ihre Kälber versorgen. Milch wird deshalb aus importiertem Pulver angerührt. Die Rinder laufen wie die Pferde, Hunde und Hühner frei herum. „Wenn ich die Hühner einsperre“, erzählt ein Insulaner, „dann bin ich für sie verantwortlich, muss sie füttern und die anderen Dorfbewohner wollen dann von mir Hühner haben, dazu habe ich wie die anderen auch keine Lust“.
Die gewaltige Kraft der Sonne in südlichen Breiten wird nur beim Leuchtturm am kleinen Hafen genutzt. Warmes Wasser und Energie zum Kochen liefert Flüssiggas, das vom Kontinent per Schiff zur Insel gebracht werden muss.
Der Autor Peter Hertel bei seinem ersten Aufenthalt im März 2003
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Die Osterinsel steckt scheinbar voller Rätsel, doch „schuld“ an den Rätseln haben die Osterinsulaner teilweise selbst. Den Insulanern saß sogar der norwegische Forscher Thor Heyerdahl auf. Von Familienhöhlen und rätselhaften Aku-Aku Skulpturen erzählten die Eingeborenen, als er 1957 dort war. Dies hatte ihn so begeistert, dass er sein Buch über diese Expedition „Aku-Aku“ nannte. Dabei gab es die im Buch abgebildeten kleinen Skulpturen nicht und hat es vor ihm ebenso wenig gegeben, wie die Familienhöhlen. Aku-Aku sind nämlich die Geister der Verstorbenen. Die Steine haben pfiffige Insulaner extra für Heyerdahl angefertigt und ihm zu lukrativen Preisen verkauft.
Spannend ist, dass die Statuen nicht auf das Meer sondern ins Inselinnere schauen. Warum? Musste die Insel nicht bewacht werden? „Hier gab es nichts zu bewachen“, schmunzelt der Fremdenführer Josef W. Schmid. „Um die Insel sind fast 4000 Kilometer Wasser, da kam keiner“.
Dass die Statuen hochverehrte Ahnen verkörpern und deshalb zur Siedlung schauten ist heute klar. Dass sich die Siedlungen entlang der Küste um die Insel ziehen, hängt mit dem Trinkwasser zusammen. Der Inselboden ist porös und nimmt das Regenwasser wie ein Schwamm auf. Die untere Grenze dieses Reservoirs wird durch das Salzwasser des Pazifiks gebildet, das Trinkwasser ist leichter und schwimmt obenauf. Tritt Ebbe ein, dann läuft das Trinkwasser an den Ufern der Insel ins Meer und konnte in kleinen Zisternen aufgefangen werden.
Die Statuen sind teilweise so riesig, dass sich lange Zeit niemand vorstellen konnte, wie man sie aus dem Felsen gemeißelt hat. Doch im frischen Bruch ist der Lavatuff relativ weich. Die verwendeten Steinbeile aus Basalt sind in der Bildhauerwerkstatt noch zu finden.
Knapp 400 Statuen sind, mehr oder weniger vollendet, am Innen- und Außenrand des Kraters Rano Raraku zu sehen. Die übrigen wurden bis zu 25 Kilometer weit über die Insel zu den Siedlungen transportiert und auf großen Plattformen aufgestellt.
Die Bildhauerwerkstatt, ist nichts für an Verfolgungswahn leidende Besucher. Oben, unten, rechts und links, überall liegen Statuen. Auch wenn ihre Augen noch nicht fertig sind, hat man das Gefühl, beobachtet zu werden. Da die Arbeit im Steinbruch irgendwann im 18. Jahrhundert ein plötzliches Ende fand, werden heute die Statuen in ihren verschiedenen Entstehungsphasen vorgefunden. Zunächst haben die Bildhauer ein geeignetes homogenes Stück Fels gesucht, dieses dann grob und später auf drei Seiten fein behauen. Der Rücken blieb über einen schmalen Kiel mit dem Felsen verbunden. Dieser ist später durchlöchert worden und man hat Baumstämme durch die Löcher gesteckt, anschließend den Rest des Kieles abgetragen. Oben auf dem Kraterrand finden sich Löcher zur Verankerung der Halteseile. Mit deren Hilfe sind die Statuen „abgeseilt“ worden. Am Fuß des Kraters wurden sie in einer vorbereiteten Grube abgestellt, um nun den Rücken fertig zu behauen. Dann kam die Statue auf einen Transportschlitten mit der Nase nach unten. Nur in dieser Lage konnte sie später mühelos auf ihre Plattform mit dem Rücken zum Meer aufgestellt werden.
Die Reise zum Nabel der Welt
Kostengünstig fliegt die Lan Chile von Frankfurt/Main über Madrid und Santiago de Chile zur Insel.
Die Gäste werden mit der südseeüblichen Blumenkette begrüßt. Mietwagen kosten pro Tag etwa 40 bis 50 US $, hinzu kommt die Übernachtung in einfachen aber angenehmen Hotels zu etwa 100 US Dollar oder in Pensionen zu 30 bis 50 US $. Da das Flugzeug in der Regel nur aller vier Tage die Insel anfliegt, ergibt sich daraus die Mindestaufenthaltszeit. Doch die Insel bietet nicht nur spannende archäologische Erlebnisse sondern man kann sich auch erholen, wandern, Rad fahren oder reiten und viele nette Leute kennenlernen.
Info: LanChile über 069-29800133 oder www.lanchile.com. Sowie über
www.osterinsel.ch oder direkt über info[a]osterinsel.ch.
Peter Hertel |